Welche Bedeutung hat das Hinweisgeberschutzgesetz für die Produkthaftpflichtversicherung?
Dieser Aufsatz richtet sich an Verantwortliche für die Produkthaftpflichtversicherung in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitenden sowie an das Haftpflicht-Underwriting in Versicherungsgesellschaften für Gewerbe und Industrie.
Relevanter Überblick über das Hinweisgeberschutzgesetz
Ab dem 1. Juli 2023 gilt das neue Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitenden – das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)
Gemäß § 1 des HinSchG wird „petzen, denunzieren und anschwärzen“ nun zur geschützten Tätigkeit für Menschen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Kenntnis über Rechtsverstöße erlangt haben.
Diese Verstöße können und sollen den dafür neu einzurichtenden Meldestellen gemeldet, geprüft und offengelegt werden.
Wichtig für diesen Aufsatz ist, dass nach § 2 Nr. 3 auch Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Bedeutung für die Produkthaftpflichtversicherung und für Produkthaftpflichtschäden offengelegt werden sollen.
Exemplarisch und stellvertretend für alle denkbaren Verstöße sind das z. B. Meldungen mit Vorgaben:
- zur Produktsicherheit und Produktkonformität,
- zum Umweltschutz,
- zur Lebensmittel– und Futtermittelsicherheit,
- zur ökologischen Produktion und zur Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen,
- zum Schutz geografischer Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel einschließlich Wein, aromatisierter Weinerzeugnisse und Spirituosen sowie garantiert traditioneller Spezialitäten,
- zum Inverkehrbringen und Verwenden von Pflanzenschutzmitteln
- zur Tiergesundheit und zum Tierschutz
- zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs, Human- und Tierarzneimittel, Medizinprodukte
- zum Datenschutz
Gemäß § 12 besteht für jedes unter das Gesetz fallende Unternehmen die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle.
Zusätzlich werden externe Meldestellen beim Bund, bei den Ländern und weiteren Aufsichtsbehörden errichtet.
Die Meldestellen sollen die geleakten Informationen prüfen und angemessene Folgemaßnahmen einleiten.
Welche Bedeutung hat das Hinweisgeberschutzgesetz für die Produkthaftpflichtversicherung?
Der Produkthaftpflichtversicherer kann die Deckung für Schäden verweigern oder kürzen, wenn versicherungsvertragliche Pflichten verletzt wurden oder wenn Versicherungsausschlüsse greifen.
Jeder Verantwortliche für die Produkthaftpflichtversicherung wird künftig noch stärker auf das Wording und die Klauseln seiner Polizze achten müssen.
Versicherungen sind individuell ausgehandelte Rechtsprodukte. Wer seinen Vertrag ohne die Begleitung von Spezialisten oder vermeintlich bequem online einkauft, der bekommt in erster Linie nur den Schutz, der vorteilhaft für den Versicherer ist.
Eine Lücke im Schutz führt nicht nur zu einem Verlust für das Unternehmen, sondern öffnet auch Tür und Tor für die persönliche Haftung der Entscheiderinnen und Entscheider.
Erwähnenswert ist immer wieder, dass die Produkthaftpflichtversicherung nur Schäden bei anderen abdeckt. Für den Eigenschaden sind andere Versicherungssparten zuständig.
Wir werden beobachten, ob das neue Gesetz einen Einfluss auf die zuletzt wachsenden Restriktionen im Underwriting, die sinkenden Kapazitäten und die steigenden Prämien im Versicherungsmarkt haben wird.
Welche Bedeutung hat das Hinweisgeberschutzgesetz für die Produkthaftung?
Die Produkthaftung ist eine sondergesetzliche Garantiehaftung für Produkthersteller.
Zur Klärung der Haftung ist, neben vielen vielen weiteren Fragen, auch folgende Frage relevant:
- Lag ein Produktfehler vor?
Da über diese Frage gestritten werden darf, trägt der Hersteller gemäß § 1 Absatz 4 die Beweislast für diesen Umstand.
Die Vorlage von Meldungen oder auch Nicht-Meldungen aus der internen oder den externen Meldestellen kann daher für die Beweisführung von Bedeutung sein.
Gemäß der Binsenweisheit „der Mandant ist dein schlimmster Feind“ wäre es in einem Prozess wenig hilfreich, wenn „plötzlich“ Information zu Rechtsverstößen auftauchen würden, die die Rechtslage für den Mandanten verschlechtert.
Welche Bedeutung hat das Hinweisgeberschutzgesetz für die Produzentenhaftung?
Eine Frage, die der BGH in Haftungsprozessen immer wieder klären muss ist, ob der Schaden durch die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten entstanden ist, oder ob der Produktfehler als schicksalhafter Ausreißer zu bewerten ist.
Die Beweislast für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten trifft den Hersteller.
Die Vorlage von Meldungen oder auch Nicht-Meldungen aus der internen oder den externen Meldestellen kann daher auch bei der Produzentenhaftung die Beweisführung beeinflussen.
Ein Schadenersatz für Schäden durch sogenannte Ausreißer wird vom BGH regelmäßig verneint.
Welche Bedeutung hat das Hinweisgeberschutzgesetz für das Haftpflicht-Underwriting?
Für das Underwriting könnte die Frage nach Informationen aus der internen und den externen Meldestellen für die Zeichnungsentscheidung interessant sein.
Das Vorhandensein einer Meldestelle und der Umgang mit Verstößen beim Versicherungsnehmer gewährt einen neuen Einblick in die subjektive Risikosituation.
Da solche Themen und Probleme auch immer Gegenstand und Voraussetzungen für Zertifizierungen sind, wird hierdurch die Zeichnung des Risikos erleichtert.
Wenn wir Sie durch das Underwriting einer Versicherung begleiten und Ihnen eine vorteilhafte Versicherungslösung vermitteln sollen, dann können Sie…
Wedel, 25.06.2023, Dipl.-Kfm. Christian Fuchs ist der „Versicherungs-Fuchs“ für Produkthaftpflichtversicherungen und staatlich geprüfter Haftpflicht-Underwriter (DVA)
Ich freue mich auf Ihren Anruf unter 04103-1899765.
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