Wann fallen Händler von Medizinprodukten unter die deliktische Produzentenhaftung?

Wann fallen Händler von Medizinprodukten unter die deliktische Produzentenhaftung?

Dieser Artikel ist interessant für Händler von Medizinprodukten und auch für Händler mit Produkten, die einer EU-Regulierung unterliegen, wie z.B. Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel.

Den Händler eines Produktes trifft in der Regel die gesetzliche Produkthaftung. Dennoch kann Dich die deliktische Produzentenhaftung wie einen Hersteller treffen. Wie das geht, erfährst Du in diesem Artikel.

Der BGH hat im März 2023 geurteilt, dass ein Geschädigter auch von einem Händler den vollen Schadenersatz aus der deliktischen Produzentenhaftung verlangen kann, wenn dieser durch seine Tätigkeit ein neues Erzeugnis schafft.

Was war passiert: Ein Händler hat eine Flüssigkeit als Abfall eingekauft und als Düngemittel für den Ackerbau in den Verkehr gebracht.

Genauer gesagt, hat der Händler eine phosphat- und kaliumhaltige Flüssigkeit als Abfall übernommen und als „EG-Düngemittel für Ackerbau“ bezeichnet und hierfür eine Produktinformation erstellt.

Noch genauer gesagt hat der Händler ein Produktdatenblatt erstellt, dass die nach Art. 7 Abs. 1, Art. 9 EG-DüngemittelVO erforderliche Angaben enthält, ohne die ein Düngemittel unter der Bezeichnung „EG-Düngemittel“ zum freien Verkehr innerhalb der Gemeinschaft nicht zugelassen ist.

Durch die Erfüllung der regulatorischen Voraussetzungen hat der Händler ein Erzeugnis geschaffen und ist in die Herstellereigenschaft „hineingerutscht“.

Somit konnte er aus der deliktischen Produzentenhaftung in Anspruch genommen werden. Als Hersteller bist Du für die Einhaltung aller entsprechenden Verkehrssicherungspflichten verantwortlich und haftbar.

Dass die Verkehrssicherungspflichten eines Herstellers auch viel weitergehender sind als die eines reinen Vertriebshändlers liegt auf der Hand.

Wie lässt sich der Fall auf die Produkthaftung für Medizinprodukte übertragen?

In der Medizinprodukte-Verordnung – MDR heißt es in Artikel 22 Abs. 4:„Enthält das System oder die Behandlungseinheit Produkte, die keine CE-Kennzeichnung tragen, oder ist die gewählte Kombination von Produkten nicht mit deren ursprünglicher Zweckbestimmung vereinbar oder wurde die Sterilisation nicht gemäß den Anweisungen des Herstellers durchgeführt, so wird das System oder die Behandlungseinheit als eigenständiges Produkt behandelt und dem einschlägigen Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 52 unterzogen. Die natürliche oder juristische Person ist den für die Hersteller geltenden Pflichten unterworfen.“

Medizinprodukte sind, wie Düngemittel, Kosmetika, Lebensmittel oder auch Nahrungsergänzungsmittel, „regulierte Produkte“ für die in den letzten Jahren diverse EU-Richtlinien wie die MDR erlassen wurden.

Wer als Händler zum Beispiel Medizinprodukte zu Behandlungseinheiten neu verpackt oder zusammenstellt, schafft automatisch ein neues Medizinprodukt!

Aufgrund des letzten Satzes in Artikel 22 Absatz 4 „Die natürliche oder juristische Person ist den für die Hersteller geltenden Pflichten unterworfen“ erwächst Deine neue Rechtseigenschaft: Du bist nicht mehr Händler, Du bist nun Hersteller!

Das Fazit aus dem BGH-Urteil lautet daher: Wer als Händler die Herstellereigenschaft im Sinne einer EU-Richtlinie erfüllt, der schafft ein neues Erzeugnis und haftet auch wie ein Hersteller.

Warum ist die deliktische Produzentenhaftung nachteilig?

Die deliktische Haftung ist in einigen Punkten weitergehender als die reine Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz:

  • Die Verjährungsfrist beträgt bis zu 30 Jahre
  • Die Haftung ist unbegrenzt
  • Die Haftung gilt unter anderem  auch für Sachschäden im gewerblichen Bereich

Der letzte Punkt war Streitgegenstand im BGH-Urteil vom März 2023. Es ging immerhin um Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 76.293,31 € zuzüglich Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Was bedeutet das neue BGH-Urteil für die Produkthaftpflichtversicherung?

Damit man im Schadenfall nicht ohne Versicherungsschutz seiner Produkthaftpflichtversicherung auskommen muss, sollte man bereits im Underwriting die richtigen Weichen stellen.

Das Underwriting muss den Schadenfall gedanklich vorwegnehmen und die Versicherungsklauseln daraufhin prüfen, welche Deckung für die denkbaren Schadenszenarien gewährleistet ist.

Schließlich bezieht sich der Versicherungsschutz nur(!) auf den in der Betriebsbeschreibung genannten Produktions- und Tätigkeitsumfang.

Wer sich wie ein Händler versichert, hat im Zweifel auch nur den Versicherungsschutz wie ein Händler und nicht wie ein Hersteller!

Zur Vermeidung von bösen Überraschungen muss das Wording um passende Klauseln ergänzt werden.

Diese Dienstleistung übernimmt ein Spezial-Versicherungsmakler. Er vermittelt maßgeschneiderten Versicherungsschutz zu vorteilhaften Sonderkonditionen.

Der Dienstleistungsumfang eines Versicherungsmaklers wird häufig unterschätzt. Er übernimmt folgende Leistungen:

  • Risikoanalyse, Beratung und Erarbeitung der passenden Versicherung mit Sonderkonditionen bei Preis, Leistung und Bedingungswerk
  • Begleitung durch das Underwriting und Vermittlung der Versicherung an namhafte Qualitätsversicherer
  • Betreuung der Versicherung im Verlauf (Vertragsmanagement)
  • Unterstützung, Hilfe und Begleitung im Schadenfall als Schadenmanager auf der Seite des Versicherungsnehmers.

HIER anfragen…

Wedel, 01.06.2023, Dipl.-Kfm. Christian Fuchs ist der „Versicherungs-Fuchs“ für Produkthaftpflichtversicherungen und staatlich geprüfter Haftpflicht-Underwriter (DVA)

Ich freue mich auf Ihren Anruf unter 04103-1899765.

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