Vertragliche Produkthaftung

Vertragliche Produkthaftung – wer lesen kann ist besser versichert

Im gewerblichen B2B-Bereich werden die Beziehungen zwischen Kunden und Lieferanten meistens vertraglich geregelt oder man arbeitet mit AGB, mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Werden bestimmte Eigenschaften vereinbart oder zugesichert?

Der Kunde hat an das Produkt des Lieferanten eine definierte Erwartungshaltung. Hierzu werden in der Verhandlungsphase Gespräche geführt, Prospekte studiert, Muster erprobt und vieles mehr.

Zum Beispiel soll die eingekaufte Software das vorhandene Medizingerät richtig steuern und hierzu kompatibel sein und sich implementieren lassen.

Beim Einkauf eines Grundstoffs für die Lebensmittel– oder Nahrungsergänzungsmittelherstellung wird es besonders deutlich: „Da wo Vitamin draufsteht, muss auch 100% Vitamin drin sein“. Abweichungen können sich fatal auswirken.

Die Vereinbarung der Eigenschaften muss nicht ausdrücklich erfolgt sein, sie kann sich auch den Umständen oder Werbematerialien oder aus Angaben auf der Webseite ergeben.

Die AVB sagen dazu:
„Eingeschlossen sind – … – auf Sachmängeln beruhende Schadensersatzansprüche Dritter im gesetzlichen Umfang wegen Personen-, Sach- und daraus entstandener weiterer Schäden, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Abnehmer über bestimmte Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen dafür verschuldensunabhängig einzustehen hat, dass diese bei Gefahrübergang vorhanden sind.“

Werden im Vertrag oder den AGB Regelungen zur Pauschalierung der Haftung getroffen?

Schadenersatzpauschalen sollen es dem Geschädigten im Schadenfall leichter machen:  Statt den konkreten Schaden nachzuweisen, werden einfach feste Beträge für übliche oder bestimmte Schadenpositionen vereinbart. Der Geschädigte muss also keine Belege vorlegen für seine konkreten Schadenaufwendungen vorlegen bzw. er muss auch nicht nachweisen, ob die Kosten tatsächlich angefallen sind.

Die Produkthaftpflichtversicherung deckt aber nur die Gesetzliche Haftpflicht ab. „Gesetzliche Haftpflicht“ bedeutet, dass ein Geschädigter seinen Schaden der Höhe nach beweisen muss. Das Gesetz kennt keine Pauschalen für die Schadenshöhe. Das Gesetz will den Geschädigten nur so stellen, wie er ohne den Schaden dastehen würde. Eine Bereicherung auf Kosten des Schädigers ist nicht erlaubt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Werden Garantien abgegeben oder verlangt?

Eigenständige Garantien wie zum Beispiel „Wir garantieren eine 30-jährige Lebensdauer unserer Produkte“ sind sicherlich ein Marketinginstrument, aber im Sinne der Produkthaftpflichtversicherung ebenfalls nicht versichert.

In den Standard-Versicherungsbedingungen heißt es hierzu: „Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind… Ansprüche aus Garantien oder aufgrund sonstiger vertraglicher Haftungserweiterungen…

Was sind vertragliche Haftungserweiterungen?

Übliche vertragliche Haftungserweiterungen sind zum Beispiel:

  • Verzicht auf die kaufmännische Prüf- und Rügepflicht
  • Verlängerung der Verjährungsfristen
  • Verzichtet auf Regressansprüche
  • Haftungsfreistellungen

Verzicht auf die kaufmännische Prüf- und Rügepflicht

Hierbei verzichtet man als Lieferant darauf, dass der Kunde die gelieferten Produkte beim Eingang untersuchen, prüfen und eventuelle Mängel unverzüglich rügen muss. Diese Pflicht ist in § 377 HGB sowie in Art. 38, 39 des UN-Kaufrechts (CISG) oder in vergleichbaren ausländischen Rechtsbestimmungen geregelt.

Der Kunde wird dadurch privilegiert, dass er beim Wareneingang nicht sofort umfangreich prüfen muss. So kann er sich eine längere Zeit darauf berufen, dass die Waren bereits bei Lieferung mangelhaft waren und einen Schaden verursacht haben.

Beispiel: Sie beliefern einen Kosmetikhersteller mit ätherischen Ölen zur Fabrikation von Cremes und Lotionen. Aufgrund der aktuellen Rohstoffknappheit warten man schon sehnsüchtig auf Ihre Lieferung und daher werden Ihre Öle beim Warneingang nicht näher kontrolliert und sofort verarbeitet. Nach der Vermischung stellt sich bei der Abfüllung heraus, dass die Lotionen eine andere Viskosität als gewollt aufweisen. Nun wird genauer geprüft und Ihr Öl als Ursache identifiziert.

Die gesamte Tagesproduktion an Cremes und Lotionen ist verloren und muss Ihrem Kunden ersetzt werden.

Damit Versicherungsschutz besteht, sollten die Versicherungsbedingungen erweitert werden und den Verzicht abdecken.

Verlängerung der Verjährungsfristen

Die gesetzliche Haftpflicht verjährt automatisch nach Ablauf gewisser Fristen. Bei langlebigen Wirtschaftsgütern wird daher in Lieferungsverträgen vereinbart, dass die Verjährungsfrist verlängert wird. Wird zum Beispiel eine 5-jährige Verjährung für Schadenersatzansprüche vereinbart, so muss das in der Produkthaftpflichtversicherung berücksichtigt werden, weil die gesetzliche Haftpflicht in der Regel nach 2-3 Jahren abgelaufen ist und man den Schaden danach „eigentlich“ nicht mehr ersetzen müsste. Aber wer will die gute Geschäftsverbindung zu seinem Kunden aufs Spiel setzen und ihn auf einem Schaden sitzen lassen.

Verzichtet auf Rückgriffsansprüche

Wer in Geschäftsbedingungen und auch Verkaufs- und Lieferbedingungen auf Regressansprüche verzichtet, verwehrt seiner Produkthaftpflichtversicherung im Schadenfall die „Refinanzierung“ beim Schadenverantwortlichen (Regressschuldner). Der Versicherungsvertrag muss zum Beispiel wie folgt erweitert werden: „Verzichtet der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles auf Rückgriffsansprüche wegen
Personen- oder Sachschäden, so beeinträchtigt dies nicht den Versicherungsschutz, soweit sich der Regressverzicht nicht auf Schäden bezieht, die vom Regressschuldner vorsätzlich verursacht wurden.“

Beispiel: Sie lassen Ihre Nahrungsergänzungsmittel nach Ihrem Rezept von einem Lohnhersteller herstellen und verzichten in der Lieferungsvereinbarung auf Regressansprüche im Schadenfall. Sollte der Lohnhersteller bei der Produktion einen Fehler begehen, der danach bei Ihren Kunden zu einem Schaden führt, so bleiben Sie auf dem Schaden sitzen. Sie sind gegenüber Ihren Kunden voll verantwortlich und auf den Regress haben Sie vertraglich verzichtet.

Haftungsfreistellungen

Haftungsfreistellungen, bei bestimmter Konstellation auch „Händlerhaftpflicht“ genannt, sind bei Internationalen Produkthaftpflichtversicherungen üblich und heißen dann „vendors endorsement“.

Diese Vertragsklausel übernimmt auch die gesetzliche Haftpflicht des Abnehmers bzw. Händlers der Produkte für Schäden durch die Produkte, die ihm geliefert wurden und . Voraussetzung ist, dass der Produkthaftpflichtfall auf einen Fehler zurückzuführen ist, der bereits zu dem Zeitpunkt vorhanden war, als das Produkt an den Händler ausgeliefert wurde.

Übertragbar und sinngemäß anwendbar ist diese Klausel auch für durchgeführte Tätigkeiten sowie bei Dienst-, Montage- und Wartungsleistungen.

Dieser Artikel beleuchtete die vertragliche vereinbarte Produkthaftung und deren Absicherung oder Nichtabsicherung über die Produkthaftpflichtversicherung. Die vertragliche Produkthaftung ist in den Versicherungsbedingungen nicht standardmäßig mitversichert und muss daher besonders vereinbart werden.

Die Gesetzliche Produkthaftung kann NIEMALS ausgeschlossen werden – und das ist gut so!

Wedel, 02.02.2022 Dipl.-Kfm. Christian J. Fuchs

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